Bernard Tschumi löste die Aufgabe anders als die meisten anderen Wettbewerbsbeiträge. Er wehrte sich gegen die klassischen Methoden innerstädtischer Grünraumgestaltung, deren Folge oft das Überborden von Landschaft und Natur ist. Vielmehr entwarf er einen Park für Gegenwart und Zukunft. Man kann dieses Konzept als Möglichkeitsraum für die Stadtbevölkerung verstehen. Diese soll die zur Verfügung gestellten Flächen und Räume mit Leben, Konzerten, Spielen, Ausstellungen, Müßiggang und mehr füllen.
Um dies zu erreichen, teilte Bernard Tschumi dievorhandene Fläche, ein Areal so groß wie 80 Fußballfelder, in zehn Bereiche. Überzog sie mit einem Raster. Löste dieses durch ein Wegenetz auf. Drei Gestaltungselemente, Fläche – Raster – Linie, prägen die Parklandschaft. Die Schnittpunkte der Gitterfläche werden durch 26 in sattem Rot gehaltene Elemente markiert. Diese als „folies“ (Verrücktheiten) bezeichneten Bauwerke sind Beispiele für dekonstruktivistische Architektur. Keine Verrücktheit ähnelt einer anderen – es handelt sich um Unikate. Ihre Aufgabe liegt freilich nicht ausschließlich darin, zu beeindrucken. Sie versorgen den Park mit den nötigen Funktionen, etwa einem Café, einem Ausstellungsraum, einer Kinderspielburg, einem Aussichtspunkt oder einem Ticketkiosk. Und ganz nebenbei sind sie Orientierungshilfen.
Besonders erwähnenswert ist die „Grande Halle de la Villette“. Diese ist ein Relikt vergangener Tage und wurde von Bernard Tschumi in den Raster der Verrücktheiten integriert. Das bis 1867 aus Stahl und Glas gefertigte ehemalige Schlachthaus wurde so zu einem überdimensionalen Kulturbau. Und bietet massig Quadratmeter für Musikfestivals oder Kinoabende. Das Konzept des Parc de la Villette zeigt auf, womit sich auch Kleinstädte befassen müssen: Ein Park muss der Stadtbevölkerung im 21. Jahrhundert weit mehr als Schachspiel und Spaziergang ermöglichen.
(Text für 20er 02/2018)